Lautlos, zart und flaumig fallen Schneeflocken vom Himmel, hüllen alles ein in dichtes strahlendes Weiß. Summen und zwitschern rundherum verstummt, nur die Bäume knarren unter der schweren Last. Dann Stille!
Die Tür des Krankenhauszimmers öffnet sich, rasche zielstrebige Schritte des Personals wecken mich. Es wird Blutdruck gemessen – ein schrilles Piepen aus dem Gerät, grelle Zahlen auf dem Monitor. Routinierter Nadelstich in die Vene, blutrot gefüllte Schläuche und Kanülen. Alltagstreiben auf den Gängen. Dann Stille!
Kaum hörbare harmonische Flügelschläge des Raubvogels über dem Feld, ein leises Rufen aus dem Wald. Dicht oberhalb des Bodens fliegt der Vogel seine Kreise, hat die Beute längst erspäht. Schlägt zu, zieht hoch und verschwindet hinter den Bäumen. Dann Stille!
Mehrere Telefone klingeln um die Wette, Kundengespräche und Terminvergaben. Die Kaffeemaschine rattert, die Kunden werden bewirtet. Unterschiedliche Signaltöne der Computer klimpern aus den Büros, Sessel werden gerückt. Es wird dunkel draußen. Dann Stille!
Sachte plätschert das Wasser des Sees gegen die Ufermauer, ein Schiff hat Wellen in das Nass geformt. Über den Bergen malt die untergehende Sonne Farben von rot und orange in die Sphäre. Eine Radfahrerin mit langen blonden Haaren kommt mir entgegen, ein zartes Lächeln im Gesicht und fröhlich funkelnden Augen, sie strahlt. Der See liegt nun ruhig vor mir, seidenweich spiegelt er die Berge. Dann Stille!
Die dichte Schneedecke schmilzt, es ist warm geworden, in kleinen Bächen bahnt sich das Wasser Wege zu den Gräben. Die kranke Fichte im Nachbarwald hielt den tagelangen Schneemassen nicht Stand, samt Wurzelstock neigt sich der Baum, zuerst langsam und zaghaft, dann doch endgültig und fällt auf unsere alte Birke. Krachend gehen beide zu Boden, entzweit und hoffnungslos. Dann Stille!
Hektische Suche im Internet, jeder getippte Buchstabe gibt einen Laut von sich. Die Smartphones liefern blitzschnell erste Suchergebnisse, die Recherche macht nicht froh, muss man alles wissen? Später Anrufe und Gespräche, Austausch und vor Aufregung rot gefärbte Wangen. Durchatmen, durchhalten. Dann Stille!
Ich lege die Jogginghose und Fleecejacke bereit, streiche über die frisch gewaschene duftende Wäsche. Die Tasche ist schnell gepackt, Übung macht den Meister. Bei der Autofahrt drücke ich deine Hand, sie liegt warm und weich auf deinem Bein. Leise Worte noch, Herzenswünsche, ein kurzer Blick und du steigst aus. Dann Stille!