Private Wiese

Mit Freundinnen zur Auszeit

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Meerweh!

Schon beim ersten Anblick davon, kurz nach der Grenze, noch auf der Autobahn, musste ich die Seitenscheibe des Autos runterlassen.
Das mache ich schon seit Jahren so, auch als Kind habe ich das immer so gemacht, wenn ich kurz vor der Ankunft in weiter Ferne das Meer gesehen habe. Der Geruch, eine Mischung aus besonderer Würze und Salz, die feuchtheiße Luft, die laue Brise, all dies ist unvergleichlich. Nach einer anstrengenden Autofahrt fühlt man sich sofort angekommen und ein klein wenig ist es auch wie Heimat für mich.
Seit meiner Kindheit, in der die ganze Familie fast jährlich einmal ans Meer gefahren ist, sehne ich mich danach.
Es war heuer Ende Juli, nach drei Jahren Entbehrung, wieder so weit – endlich wieder Kroatien, diesmal mit meiner Mama.
Nachdem das Gepäck aus dem Auto verstaut war, bin ich an den Strand marschiert. Achtundachtzig Stufen trennen den Garten des Hauses vom Meer. An diesem Tag gab es kräftigen Wind, Wellen peitschten an den Kieselstrand und gegen die Felsen. Meine Haut nahm die Gischt und das Salz dankbar entgegen, saugte sich voll, die Sehnsucht wurde endlich gestillt.
Turbulent war es, das Meer, wie passend zu den vergangenen Monaten in der Pandemie. Es wirkte gar wütend auf mich. Ich lächelte, blickte über den Horizont zur Insel in die Ferne. „Ist ja gut, beruhige dich, nicht mehr wütend sein!“.

Ich sprach diese Worte zum Meer, aber …. meinte ich etwa mich?

Foto: Manuela – Juli 2021

Ich nehme gerade am #Schreibadvent 2021 von Julia Rumplmayr (https://schreibkraft.at/) teil. Täglich Impulse zum vergangenen Jahr. Der Impuls Meehrweh ist zum Thema 3. Dezember „Lieblingsmomente“ entstanden.

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Herbstabend

Komm`, so setz dich doch her! Ich hole kühles Bier für uns.
Lass` uns reden! Ich habe so viele Fragen. Lange warst du nicht mehr
hier! Wo bist du denn immer?

So nimm´ doch Platz. Ich hole uns eine Decke und rücke nahe an dich heran. Es ist ein goldener Herbstabend hier draußen, wir müssen uns ein bisschen gegenseitig wärmen.
Weißt du noch? Als wir uns zuletzt gesehen haben? Ich habe deine Hand
lange gestreichelt, dir war so kalt an diesem Abend und du hattest doch nie kalte Hände, so lange ich dich kannte.

Und weißt du noch? Unser Urlaub am Meer, da haben wir unser letztes Karlovacko Bier mitsammen getrunken. Dabei hattest du gar kein Verlangen danach. Ganz erstaunt war ich und ungläubig habe ich dir zugesehen, wie du beim Sonnenuntergang an der kroatischen Küste vor einem Teller mit gegrillten Fischen gesessen bist, appetitlos und hoffnungslos. Warum hab ich die Zeichen nicht erkannt?

Ich hätte ein paar Fragen. Wie würdest du mit der Coronakrise und deren Folgen, die gerade auf uns zurollen, umgehen? Hättest du einen Rat?
Weißt du noch? Lange ist´s her, wie du dich in wirtschaftlich schlechten Zeiten kämpferisch gezeigt hast und mit Ehrgeiz und Euphorie die Ärmel hochgekrempelt hast? Das waren deine besten Jahre. Wie zum Trotz hast du dich nie unterkriegen lassen und bist deines Weges gegangen – mit viel Mut und einer kräftigen Portion Optimismus hast du deine Ziele erreicht.

Du warst so lange weg, machst dich so rar. Komm´ doch öfter mal vorbei. Du weißt, ich habe immer Bier eingekühlt. Ich besorge uns Brot und Speck und Kren, den du so gerne magst, und viele Sorten Käse.
Und dann lass´ uns herzhaft lachen über die vergangenen Jahre und all´ deine Sprüche, die du immer auf Lager hattest für uns Kinder und die Enkelkinder.
Papa? Hörst du mich?

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Mutterpflicht

„Wenn wir wahren Frieden in der Welt erlangen wollen, müssen wir bei den Kindern anfangen!“

Mahatma Gandhi

Es stimmt mich unglaublich traurig, was tausende Menschen auf der Insel Lesbos gerade erleiden müssen. Gefühlt zwei Handvoll Flugkilometer von meinem Heimatort entfernt, in Europa (!), müssen Menschen, Babies, Kinder, Hunger leiden. Im Jahr 2020!

Und das Leid geht weiter: ab heute wurde den freiwilligen Helfern vor Ort verboten, irgendetwas zu verteilen. Bis zu 13.000 Menschen sollen in ein Camp, welches für max. 4.000 Menschen Platz bietet. Bei Abgabe von Essen, Wasser, Windeln etc. wird den Helfenden mit empfindlichen Strafen bzw. mit Verhaftung gedroht. Wieso lässt man Griechenland seit Jahren allein? Viele Versprechungen – nichts passiert.

Was ist mit uns Menschen passiert?

Ein weiteres Zitat von Mahatma Gandhi lautet:

„Die Geschichte lehrt die Menschen, dass die Geschichte die Menschen nichts lehrt!“

Ich sehe es als meine fühlende (Mutter)pflicht und als meine Pflicht als Oma an, hier dringend zu helfen. Eine Österreicherin ist gerade eben vor Ort in Moria – ihre Worte auf ihrem Blog, ihre Zeilen auf Instagram treiben mir Tränen in die Augen! Vielleicht mögt ihr Doro Blancke unterstützen?

https://doroblancke.at/

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Die wilde Jagd ist beendet

Seit alters her galt die Zeit um Weihnachten als gefährlich. Die Wilde Jagd war unterwegs. Mit Lärmen und Beten, mit Fasten und Essen, mit Handlungen und Unterlassungen, mit Opfergaben und Räucherungen versuchte man, sich vor den Geistern und Gespenstern zu schützen. Hier war sie, die hohe Zeit der Winterdämoninnen, die durch die stürmischen Lüfte sausten, an den Türen und Fensterläden rütteln und an den Herzen der Menschen. 

So berichten es jedenfalls die Sagen. Es gab da die „alte Holle“, die mit den wilden Frauen, mit der Geisterschar und den Seelen der ungeborenen Kinder über die winterliche Erde saust und wegfegt, was keine Kraft mehr hat. In anderen Gegenden ist es die „Perchta“, die als Anführerin der Wilden Jagd nach dem Rechten sieht. Ganze Nächte hindurch kann sie sich einer Faulen auf die Brust setzen und für Alpträume sorgen oder einer Arbeitssüchtigen unerwartet ins Genick springen, bis diese sich besinnt.

Ausschnitte aus „Wild und Weise“ von Ursula Walser-Biffiger

In meinem Blogeintrag In die eigene Seele abtauchen habe ich Ende Dezember 2018 berichtet, wie ich die Raunächte zelebriere. Auch heuer habe ich wieder geräuchert, Wunschzettel dem Feuer übergeben, Tagebuch geschrieben. Und in diesem Jahr waren die Nächte und die Träume besonders intensiv. Manchmal kam es mir vor, als wäre die alte Holle oder die wilde Perchta hinter mir her in den Nächten. Dennoch: die „alten Weiber“ haben mir viele Antworten geschickt und mich intensiv Rückschau / Innenschau machen lassen. So wild und grausam sind sie nicht 🙂 ! 

Letzte Nacht, in der allerletzten Raunacht,  ist mir dann aber doch noch eine wild gewordene Dämonin ins „Kreuz“ (mein übliches, altes Leid mit der Lendenwirbelsäule) gesprungen, bevor sie sich vom Acker gemacht hat. 

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